25. Mai 2015

Die Musik spielt längst woanders, da hilft auch kein Dementieren: Heiße Luft findet bei den Anhängern kaum noch Anklang

Seit 20. Oktober des vergangenen Jahres ziehen die Menschen beinahe ununterbrochen jeden Montag durch die Straßen der sächsischen Landeshauptstadt. Zum Höhepunkt der Bewegung, nach dem Anschlag auf das Satire Magazin Charlie Hebdo, am 12.01.2015 kamen bis zu 25.000 Pegida-Anhänger auf die Demonstration in Dresden. Nach über einem halben Jahr ist wohl bald Schluss. Bereits seit längerem kann man beobachten, wie Diskussionen über die Zukunft nicht mehr von der Führerfigur Lutz Bachmann bestimmt werden. Auf verschiedenen Portalen der neuen Rechten im Internet dominiert dazu das eindeutige Fazit: "Man kann nicht über den Sommer hinweg spazieren gehen, es wird eine Pause geben müssen."


Zur Übersicht der aktuellen Situation bleibt festzuhalten, dass mittlerweile jede Woche noch maximal 3.000 Teilnehmer bei den Spaziergängen von Pegida in Dresden erscheinen. Auch die nachhaltige Radikalisierung der Anhängerschaft wird immer deutlicher, im Gegensatz zu den Anfängen der Bewegung im vergangenen Jahr, sind die Veranstalter mittlerweile völlig ungeniert im Umgang mit ihren rechtsradikalen Weggefährten. Siegfried Däbritz beispielsweise, seit Beginn Mitglied des Orga-Teams im Bereich Sicherheit, posierte neulich auf dem Spaziergang mit NPD-Chef Fank Franz und Arne Schimmer, Ex-Landtag der Nazi-Partei in Sachsen, gemeinsam für ein Erinnerungsfoto auf Facebook.

Immer mehr Stimmen werden laut, die von den Veranstaltern ein neues Konzept fordern, doch Bachmann &Co wollen für die Zeit nach einer verlorenen OB-Wahl ihrer Kandidatin Festerling lediglich einen vertretbaren Rückzug sicherstellen. Bei der öffentlichen Inszenierung auf Facebook ist das Ende daher selbstverständlich noch nicht erreicht. Man fühlt sich trotz anders lautender Aussagen dazu berufen, auf "Gerüchte", die Organisation plane das Handtuch zu werfen, mit entlarvender Polemik zu antworten, durch die sich kursierende Vermutung nur erhärtet. In mehren öffentlichen Kommentaren schreibt Lutz Bachmann zur Beendigung der Spaziergänge: "Und sollten wir jemals über so etwas nachdenken, dann erfahrt ihr es hier und nicht aus der Presse."

Für den Wahlkampf von Frau Festerling zur Oberbürgermeisterin in Dresden wird es nicht vorteilhaft sein, eine Ankündigung über den 07. Juni hinaus zu treffen. An dem Punkt gibt es jedoch bemerkenswerte Unstimmigkeiten mit einflussreichen Vordenkern oder diese haben bereits eigene Pläne für die nahe Zukunft. Der neurechte Publizist Götz Kubitschek jedenfalls beschrieb bereits vergangene Woche, in einem Artikel seiner Zeitschrift Secession, das nahe liegende Szenario für die kommende Pause. Als gesichert darf demnach gelten, dass es zur BürgermeisterInnen-Wahl ein großes Sommerfest in ganz Dresden geben soll. Damit wird die Ankündigung vom Montag letzter Woche, zur Abstimmung 800 eigene Beobachter über die Stadt verteilen zu wollen, quasi zur heimlichen Einladung für die Abschiedsfeier. Bei der seit Beginn auf den Spaziergängen angelegten Devise "jeder ist ein Ordner" handelt es sich vermutlich um den letzten nötigen Beleg, um die Systematik einer Sekte nachzuweisen. Die Anhänger von Pegida sollen nun also ausgerechnet an diesem Tag einen "ordnungsgemäßen und demokratischen" Ablauf ihrer selbst produzierten Wahnvorstellung gewährleisten.

...bis auf Weiteres:

Die Situation in Dresden ist aber nicht der einzige Grund, warum der Bewegung mittlerweile das Wasser bis zum Hals steht und kurz vor dem Abtauchen ist. Fast alle bundesweiten Ableger von Pegida sind bis heute ähnlich gescheitert. Nach dem Entzug der Aufmerksamkeit durch die Medien ließ die Mobilisierung außerhalb von Dresden schlagartig nach. Eine weitere Expansion in größeren Städte gilt bis auf Weiteres als ausgeschlossen, bei dem Versuch zuletzt in Stuttgart, standen 200 angereiste Anhänger einer überragenden Menge an Protest gegenüber. Das Bild der glorreichen Sieben auf der Pegida-Zwergdemo letzten Mittwoch in Köln, dürfte der Sargnagel für die bundesweite Mobilisierung gewesen sein.

Dennoch ist der momentane Abgesang, besonders in den neuen Bundesländern nicht überall ein Grund zur Gelassenheit. In Leipzig bspw. legt Legida zwar bereits seit Anfang Mai eine Pause ein, auf Facebook tragen sie jedoch die zukünftige Strategie der Szene anschaulich nach außen. Wie nicht anders zu erwarten war, spielen großspurig Ankündigungen dabei eine Hauptrolle, zukünftige Auftritte sind gebündelt platziert, um sich auch weiterhin im Gespräch zu halten. Dazu hat eine weitreichende Vernetzung verschiedener Gruppen und Einzelpersonen bereits in den zurückliegenden Monaten stattgefunden, so ist auch davon auszugehen, dass bis auf Weiteres vor allem Orte in ländlicher Umgebung den frischen Wind der Bewegung mit all den Nachwehen um die Nase bekommen.